Samstag, 8. Juni 2013

Wir haben die Nächte gefüllt, allein mit Worten

Unsere Tage fingen mittags gegen zwölf, halb eins an. Wir wankten zum Kühlschrank, holten das Erstbeste heraus und ließen uns zurück ins Bett fallen. Essen, Musik an - Leben genießen. Handy gecheckt, Laptop an, den heutigen Tag geplant. Schwimmbad? Okay, na gut. Aufgestanden, geduscht, Sachen gepackt. Dann hast du mich abgeholt, bist mit mir ins Schwimmbad und kurz darauf kamen all die anderen. Sonne, lesen, schwimmen. Einfach nur unter uns sein, zu zehnt. Vier Stunden später heim, was gegessen und schon standest du wieder neben mir - mit gepackter Tasche, Picknickdecke und Sekt. Viel Sekt. Jeden Abend eine Flasche, täglich, wochenlang - das war für uns schon selbstverständlich. Mit den anderen getroffen, einfach nur zusammen gesessen. Gemütlich getrunken (der ein oder andere hat es ab und zu mal übertrieben, kam am nächsten Tag mit blauen Flecken, roten Nasen), gelacht, geraucht und geredet. Über die Vergangenheit, über die Zukunft und alles was jetzt wohl passieren wird. Uns war allen bewusst, dass wir uns wenige Wochen später kaum noch sehen werden. Aber keiner hat es wirklich realisiert, keinem war bewusst wie sich unser Leben verändern wird. Mein einziger Halt warst du.

Erinnerst du dich, als wir rauchend auf dem Dach saßen? Unter uns die Menschen, über uns die Sterne und in uns drinnen das Gefühl von Freiheit. Wir dachten, die Welt läge uns zu Füßen, als würde uns jetzt jede Türe offen stehen.

Erinnerst du dich, wie du weinend neben mir saßt? Deine warmen Tränen sind mir auf die Schulter getropft und du hast gesagt “Nie wieder lass ich mich so verarschen” - jetzt hast du unsere Freundschaft wegen ihm aufgegeben.

Erinnerst du dich, wie du abends immer noch mit zu mir bist? Wir haben die Nächte gefüllt, allein mit Worten. Wie oft lagst du neben mir und hast einfach nur erzählt. Und ich habe dir einfach nur zugehört. Du bist so schön, wenn du erzählst. Jetzt, ein Jahr später, höre ich dir immer noch gerne zu.

Erinnerst du dich, wie du mir versprochen hast, dass der Kontakt nicht abbricht, obwohl du wegziehst? Ein Jahr ist dein Versprechen her. Seitdem haben wir nur ein einziges Mal geschrieben.

Ist dir eigentlich bewusst, wie viele Freunde wir in unserem Leben haben? Wie viele wir bis jetzt schon hatten? Von wie vielen hast du gedacht dieser Mensch begleitet mich mein ganzes Leben? Und wo ist er jetzt, dieser ganz besondere Mensch? Ich habe Freunde verloren an eine andere Stadt, an die Arbeit, an neue Freunde und an Beziehungen. Freunde verloren an Gerüchte, an die Arroganz und die Selbstüberschätzung. Und ich habe neue Menschen kennen gelernt. Arrogante Menschen, schöne Menschen, aufgedrehte Menschen, lustige Menschen. Doch auch diese werde ich früher oder später verlieren. Bei uns geht es um die Ausbildung, den Schulabschluss, das Studium, das Wegziehen. Gute Noten, gute Bewertungen, Beliebtheit, gutes Aussehen, Weggehen, Alkohol trinken, sich Ausprobieren. Wo bleibt da Platz für wahre Freunde? Für lebenslange Freude? 

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Für die, die es versuchen zu verstehen: du ist immer jemand anderes, es geht nicht um eine einzelne Person ;)



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